Willkommen beim Dresdner Heidebogen
Dresdner Heidebogen

Bis 1635

Der Heidebogen bildet eine sowohl naturräumliche als auch politische und kulturgeschichliche Grenze. Naturräumlich liegt im Westen die Großenhainer Pflege mit überwiegend offener, landwirtschfatlich intensiv bewirtschafteter Kulturlandschaft, im Osten liegt die Westlausitz, die im Norden durch flaches Heideland mit zahlreichen Seen geprägt ist und im Süden durch die Gebirgszüge der Oberlausitzer Granitplatte.

Zur politischen und kulturgeschichtlichen Grenze entwickelte er sich seit dem 10. Jahrhundert, mit dem Beginn der deutschen Expansion östlich der Elbe. Die Heidebogen-Region mit seiner Süd-Nord-Bergkette von Burkau bis Oßling und dem Fluß Pulsnitz von der Quelle bis zur Elstermündung bildete für hundert Jahre die deutsche Reichsgrenze und ist seit dem die natürliche Grenze für die Mark Meißen, das heutige Sächsische Elbland, zu dem der westliche Teil des Heidebogens gehört. Der östliche Teil unserer Region, der damals zum Milzenerland, der heutigen Oberlausitz gehörte, war bis ins erste Drittel des 11. Jahrhunderts hart umkämpft zwischen Deutschen und Polen. Erst ab 1031 wurde auch das Milzenerland endgültig Bestandteil des Reiches. 1123 bemächtigte sich Konrad der Große der Mark Meißen. Er gilt als der Begründer der Wettinischen Macht. 1144 erhielt er von Kaiser Lothar auch das Milzener Land, die heutige Oberlausitz, als Lehen, doch dessen Nachfolger Friedrich Barbarossa entzog es ihm wieder und gab es seinem treuen Vasalen, dem Böhmischen Herzog Vratislav, was für das Trennende in der Geschichte unser Teilregionen von erheblichen Folgen sein sollte.

Aus jener Zeit ist noch heute geläufig, das linke Pulsnitzufer als Meißner Seite zu bezeichnen und das rechte Ufer als böhmische Seite. Selbst in den Grundbüchern der Dörfer findet man noch die Kürzel MS und BS.

Durch die Goldene Bulle Böhmens1212 erreichten die Böhmischen Herrscher eine klare Abgrenzung von Böhmen und Mähren vom übrigen Deutschen Reich. Nachdem diese erreicht war, wandten sie sich wieder verstärkt dem "Land Budissin" zu. Als Verbündete des Kaisers setzten sie mehrfach den Kontrahenten in der Mark Meissen zu.

Neben den Böhmischen Herrschern engagierte sich aber auch Bischof Bruno II von Meißen im Bautzener Land. Grund dafür waren Kaiserliche Landschenkungen - gelegen u.a. zwischen Bautzen und Kamenz.  Mit der Gründung von Kollegiatsstiften in Bautzen und Großenhain zwischen 1215 und 1225 beugte er weiterer Einflußnahme böhmischer Bischhöfe in der Region vor und sicherte so für die Zukunft, daß die Bindungen nach Meißen erhalten blieben.

1220 gründete Bernhard I von Vesta Kamenz. Sein Nachfahr Bernhard III stiftete 1248 das Kloster Marienstern. In der Gründungsurkunde wurden u.a. Radeburg und  Königsbrück erstmals urkundlich erwähnt. 1293 wurde Bernhard III Bischof von Meißen.

1253 bis 1319 war die heutige Oberlausitz vermutlich ein ein böhmisches Pfand in den Händen brandenburgischer Markgrafen. 1268 teilten diese das Land in ein Land Bautzen und ein Land Görlitz.

Durch die gleichzeitige Zugehörigkeit zu Böhmen und zum Bistum Meißen war das Land im 14. Jahrhundert ein ständiger Zankapfel. Dazu kamen die Übergriffe des Landadels auf den Handelswegen. Raubrittertum breitete sich aus. Aufgrund des Fehlens einer starken ordnenden Macht vor Ort entschlossen sich die sechs wichtigsten Städte zum Zusammenschluß im  Oberlausitzer Sechsstädtebund 1346, der nun der Böhmischen Krone Treue schwor.

Kaiser Karl IV nutzte das städtische Bündnis umgekehrt auch zur Stabiliserung der eigenen Macht. So erhielten die Städte bedeutende Rechte und wurden quasi eine "Ständerepublik" mit eigener Gerichtsbarkleit. An der Grenze zur Mark Meißen erfüllten die Städte entlang der Pulsnitz - Elsterwerda, Ortrand, Königsbrück und Pulsnitz ihre Funktion als Vor-Posten des Bundes hervorragend. Sie vernichteten das Raubrittertum in dem Landstrich nahezu vollständig, wehrten auch die permanenten Begehrlichkeiten der Meißner erfolgreich ab und wurden gleichzeitig zu wichtigen Handelsplätzen zwischen dem wirtschaftlich erstarkenden Städtebund und Kursachsen. Die Oberlausitz hieß nun "Sächsstädteland".

Erstmals 1474 tauchte der Name "Lusatia superior" als beschreibende Nebenbezeichnung für das Sechsstädteland auf - als das Land oberhalb der Lausitz. Erst weitere 100 Jahre später wurde die Bezeichnung "Oberlausitz" geläufig, während der Name "Lausitz", die um einige hundert Jahre ältere Bezeichnung des Siedlungsgebietes der sorbischen Lutizen, auch heute noch häufig gleichbedeutend mit "Niederlausitz" verwendet wird. Die Verwendung des Begriffes "Lausitz" für beide Lausitzen ist ein Produkt der Neuzeit.

In der Zeit der Hussitenkriege 1419 bis 1436 spielten sowohl die Sechsstädte als auch der Markgraf von Meißen als kaiserliche Verbündete eine wichtige Rolle.

1423 wurde dem Markgrafen von Meißen, Friedrich, dem Streitbaren, für seine Dienste gegen die Hussiten  das HerzogtumSachsen-Wittenberg übertragen. Damit wurde der Name Sachsen auf die Mark Meißen ausgedehnt, das zum Kernland Sachsens werden sollte.

Die Leipziger Teilung1485 zwischen den Friedrichs Söhnen Ernst und Albrecht begründete die Trennung der Wettiner in Ernestiner und Albertiner. Die Kurwürde ging zunächst mt dem ehemaligen Sachsen-Wittenberg an die Ernestiner, während die Albertiner die ehemalige Mark Meißen erhielten.

1517 verkündete Martin_Luther in Wittenberg seine 95 Thesen und leitet die Reformation ein. Er genießt den Schutz des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen.

Schon ab 1521 begannen Pfarrer in den Sechsstädten lutherisch zu predigen.  Ab 1526 bildeten sich lutherische (protestantische) Landeskirchen. 1531 schlossen sich die reformierten deutschen Fürsten zum  Schmalkaldischen Bund zusammen.

Da die protestantischen Sechsstädte dem böhmischen König, Kaiser Karl V. (in dessen Reich "die Sonne nie untergeht") Treue geschworen hatten, forderte er diese 1547 zum Kampf gegen die aufständischen protestantischen Stände in Böhmen und Schlesien und gegen den Schmalkaldischen Bund auf. Doch diese entzogen sich ihrer Pflicht.

Im Gegensatz zu ihnen stellte sich der AlbertinerMoritz von Sachsen, obwohl auch Protestant, auf die Seite des Kaisers und zog mit ihm in den Schmalkaldischen Krieg. Nach dem Sieg in der Schlacht von Mühlberg erhielt er vom Kaiser 1547 die Kurwürde und damit den Sitz des besiegten ernestinischen Herzogs Johann Friedrich von Sachsen im Kurfürstenkollegium, als Belohnung für seine Dienste.

Für die Sechstädte endete mit dem sogenannten Pönfall 1547 die historische Sonderstellung. Den Städten wurden sämtliche Rechte entzogen.

In langwierigen Auseinandersetzungen mußten Kompromisse gefunden werden, die das Zusammenleben von Katholiken und Protestanten in der Oberlausitz sicherten. So entstand die Einmaligkeit von Simultankirchen - zwei Konfessionen unter einem Dach. 1570 unterstellte die Kurie das Bautzener Kapitel direkt dem Papst und trennte es damit von Meißen ab. So blieb die katholische Infrastruktur im Sechstädteland erhalten, obwohl das vormals zuständige Bistum Meißen 1581 aufgelöst wurde.

Mit dem Aufstand der (protestantischen) Böhmischen Stände begann 1618 der 30jährige Krieg (Fenstersturz zu Prag). In Prag fand der Religionsstreit 1635 sein Ende im Prager Frieden. Die wichtigste territoriale Veränderung des Prager Friedens war die Übergabe der Markgrafentümer Oberlausitz und Niederlausitz an den sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. durch den sogenannten Traditionsrezess. Die beiden vorher zur böhmischen Krone gehörigen Länder wurden vom Kaiser zur Begleichung von Kriegsschulden an Sachsen abgetreten.1620 hatte der protestantische Kurfürst dem katholischen Kaiser Ferdinand II. bei der Niederschlagung des böhmischen Ständeaufstands geholfen. Rechtlich blieben die Markgrafentümer bis 1831 Lehen der Böhmischen Krone, die den Wettinern erblich verliehen worden waren. Erst durch die 1831 verabschiedete Sächsische Verfassung, die die "Unteilbarkeit Sachsens" festschrieb, wurde die Bindung an die böhmische Krone aufgekündigt.

1635 - 1815

Mit dem Aufstand der (protestantischen) Böhmischen Stände begann 1618 der 30jährige Krieg (Fenstersturz zu Prag). In Prag fand der Religionsstreit am 30. Mai 1635 sein Ende im Prager Frieden, der den Krieg zwischen dem Kaiser und der katholischen Liga auf der einen Seite und Kursachsen auf der anderen Seite beendete.
Die wichtigste territoriale Veränderung des Prager Friedens war die Übergabe der Markgrafentümer Oberlausitz und Niederlausitz an den sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. durch den sogenannten Traditionsrezess. Die beiden vorher zur böhmischen Krone gehörigen Länder wurden vom Kaiser zur Begleichung von Kriegsschulden  an Sachsen abgetreten. Rechtlich blieben die beiden Markgrafentümer bis 1831 Lehen der Böhmischen Krone, die den Wettinern erblich verliehen worden waren. Erst durch die 1831 verabschiedete Sächsische Verfassung, die die "Unteilbarkeit Sachsens" festschrieb, wurde die Bindung an die böhmische Krone aufgekündigt.

Vor allem für die sorbische Landbevölkerung der Oberlausitz, die im Gegensatz zu den Städten überwiegend katholisch geblieben war, hatte der Traditionsrezess zur Folge, dass sowohl Religion, als auch Sprache unantastbar blieben. Dagegen war im Meißnischen schon seit 1424 das Sorbische als Amtssprache verboten.

Die Wirksamkeit des Vertrages endete erstmals 1806, als Kurfürst Friedrich August III. von Napoleon zum König von Sachsen erhoben wurde. Napoleon legte auch die Grenzen von Sachsen neu fest. Nach dem Wiener Kongress 1815 verlor Sachsen zwar die Hälfte seines Territoriums an Preußen, behielt aber den Großteil der Oberlausitz und die Königswürde. Der formal-juristische Anspruch Österreichs als Inhaber der Böhmischen Krone blieb noch bis 1831 bestehen, als mit der Verfassung die Unteilbarkeit Sachsens besiegelt wurde.

1815 bis 1992

Das Königreich wurde nach dem Wiener Kongress 1815 in fünf Kreishauptmannschaften (Regierungsbezirke) eingeteilt: Bautzen, Chemnitz, Dresden und Leipzig, wobei der heutige namensgebende Heidebogen erneut zur Grenze wurde - zwischen den Kreishauptmannschaften Dresden und Bautzen. An ähnlichen Grenzen orientieren sich auch heute noch die Gliederungen in Landkreise, Planungsregionen, Verkehrsverbünde und Verwaltungszuständigkeiten, was das Zusammenwachsen der Heidebogen-Region als eine besondere Herausforderung darstellt. Auch kulturelle und ethnische Unterschiede in den Regionsteilen bestehen fort. Östlich und westlich der Grenze werden z.B. markant unterschiedliche Dialekte gesprochen. Westlich das Thüringisch-Obersächsische, das als "typisch sächsisch" gilt, östlich das Lausitzische. Die sprachlichen Unterschiede z.B. zwischen Tauscha und Königsbrück (5 km) oder zwischen Böhla b. O. und Ortrand (2 km) sind größer als z.B. zwischen Tauscha oder Böhla und Weimar (ca. 220 km).

Mitten im Heidebogen, genau dort, wo sich heute das NSG Königsbrücker Heide entfaltet, wurde 1907 durch König Friedrich August III. an der Pulsnitz der Truppenübungsplatz Königsbrück errichtet, der die räumliche Trennung der Region weiter vertiefte. In Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges erfolgte unter Umsiedelung mehrerer Dörfer eine Erweiterung des Platzes auf ca. 7.500 ha. Nach dem Krieg wuchs der Platz unter russischer Kommandantur auf ca. 8.000 ha. Erst dem Abzug der GUS-Streitkräfte endete im Juli 1992 die militärische Nutzung des Gebietes, die den östlichen Teil der Region stark geprägt hatte.

1992 bis heute

Die Begehrlichkeiten waren nach der Wende groß. Als 1992 der Freistaat Sachsen den Übungsplatz zum Naturschutzgebiet erklärte, stieß das in der Bevölkerung teilweise auf wenig Verständnis. Schutzzweck, Erhaltungs- und Entwicklungsziele wurden durch eine im Jahr 1996 verabschiedete NSG-Verordnung geregelt. Der Heidebogen selbst ist gekennzeichnet durch Großflächigkeit, Struktur- und Artenreichtum, geschichtlich bedingte Unzerschnittenheit der ehemaligen Grenzlagen, mannigfaltige Naturraumausstattung und zahlreiche hochwertige Schutzgebietskategorien. Es brauchte seine Zeit, ehe das Alleinstellungsmerkmal der zur Wildnis werdenden Landschaft tatsächlich als Chance für das Zusammenwachsen der Region begriffen wurde.

Im April 2003 wurde ein Besucherkonzept vorgelegt, dessen Erkenntnisse für die gesamte Heidebogen-Region wegweisend waren. Die grundlegenden Ideen fanden Eingang in das Gebietskonzept der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) "Westlausitzer Heidebogen" und wurden im Rahmen von LEADER+ bis 2006 umgesetzt. Kernstück war die Entwicklung eines Touristischen Wegenetzes, das Brücken zwischen den Teilregionen schuf und damit die Region als Ganzes erschloss. Der Heidebogen ist heute so aufgestellt, dass er sich als Bindeglied zwischen dem boomenden Ballungsraum im Oberen Elbtal und der Lausitz entwickeln kann. Das im Gebietskonzept entwickelte Leitbild der Region wurde für die Förderperiode 2007 - 2013 (ILE) und erneut für die Förderperiode 2014 -2020 (LEADER) grundlegend beibehalten, überarbeitet und auf alle Lebensbereiche im ländlichen Raum erweitert.
Derzeit erfolgt eine erneute Weiterentwicklung des Gebietskonzeptes für die Förderperiode 2021 - 2027.


[1] Der Traditionsrezess legte fest, dass die ständische Verfassungsordnung der Lausitzen unverändert fortbestehen solle. Er war u.a. die Grundlage, dass insbesondere die Oberlausitz ein bi-konfessionelles Gebiet blieb, während im eigentlichen Sachsen das Luthertum die einzig zugelassene Konfession war. Zudem verhinderte der Vertrag, dass die Lausitzen in den übrigen sächsischen Kurstaat, westlich der Pulsnitz, eingegliedert werden konnten. Sie waren mit diesem nur durch Personalunion verbunden.

[2] 1620 hatte der protestantische Kurfürst dem katholischen Kaiser Ferdinand II. bei der Niederschlagung des böhmischen Ständeaufstands geholfen.